Was hinter so manchem „Wein“ aus dem Supermarktregal steckt

Hier eine – bis auf die Grußformel und Absender nicht weiter gekürzte – Anfrage eines Fassweinhändlers, die an eine Reihe fränkischer Weingüter ging:

Fassweine ‚weiß‘ für Secco und Hugo gesucht

Hallo!

Wenn verfügbar, bitte melden:

Groß-Bedarf von meist älteren Weißweinen, im Tafelwein- und QbA-Niveau,
Verwendung als „Dosenabfüllung“ für Secco / Hugo etc.

Vorgaben: Restzucker ca. 21 g … Alkohol ca. 10,5 % Vol.

Preisvorstellung im ‚untersten‘ Bereich (ca. 20 – 40 Cent/Ltr.), da, wie
oben erwähnt, auch nicht mehr ‚bewegliche‘ Altweine (aber zu diesem
Zweck noch geeignet!) hierfür verwendet werden können.

Weine werden im 1.000 Liter-Tank abgeholt; dieser Vorgang kann so lange
andauern, bis Posten aufgebraucht ist/sind.

Bitte nur WEIßWEINE anbieten und dabei die „Technischen Daten“ nennen!

Wer also Secco oder „Hugo“ in Dosen kauft (bekennt euch!) ahnt jetzt vielleicht, was für „Wein“ dahinter stecken könnte. Das muss natürlich nicht für jeden Hersteller gelten und gilt sicherlich nicht nur für Dosensecco, aber die Anfrage ist schon ziemlich bezeichnend für den Weinmarkt im Bereich Einzelhandel (hoffentlich betrifft es nur Discounter).

Wer auch nur ansatzweise eine Ahnung davon hat welche Mühen und Kosten mit der Herstellung eines guten (aber auch eines schlechten) Weins verbunden sind, weiß auch, dass der Winzer mit der Erfüllung einer solchen Anfrage nichts verdient. Man kann hier nur noch von Entsorgung von “Wein” sprechen. Das ist mit “nicht mehr ‘bewegliche’ Altweine” nämlich gemeint.

Wie bereits angedeutet: Wein aus dem Supermarkt muss nicht schlecht sein, auch wenn er günstig ist. Manch Discounter schafft es über seine Stellung im Markt auch verhältnismäßig gute Weine zu günstigen Preisen in hohen Mengen einzukaufen. Für diesen und für den ganz treffend so bezeichneten Endverbraucher mag das ganz gut sein. Für die Winzer ist es auch manchmal nötig Weine in größerer Menge auf dem Fassweinmarkt zu verkaufen, zum Beispiel um bereits im Herbst Projekte finanzieren zu können. Aber weiß man als Kunde welcher Wein tatsächlich hinter einer Flasche Weißwein zu 2,99 Euro im Supermarkt wirklich steckt? Ahnt man welche Marge die Zwischenhändler und der Einzelhandel haben und was beim Erzeuger übrig bleibt?

Wer also wissen möchte wie und wo ein Wein erzeugt wurde und welche Story dahinter steckt besucht den Winzer am besten im Weingut und lässt sich mal Weinberg und Keller zeigen und sich die Geschichte hinter dem Wein erzählen. Das geht natürlich nur in einem direkt vermarktenden Weingut und bedeutet – auch für den Kunden – mehr Aufwand und natürlich auch höhere Kosten. Ich könnte die Vorteile für alle Beteiligten natürlich im Einzelnen aufzählen, aber ich glaube ihr wisst schon, worauf ich hinaus möchte.

Daher: Besucht die Winzer vor Ort! Probiert die Weine. Und kauft keine Katze im Sack.

Alexander von Halem

Eigentümer und Gärtner des Barockschlosses Zeilitzheim in Weinfranken. Winzer im Bioland Weingut Wein von 3.
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