Goodbye Weinlese 2012

Es war spannend, lecker und vor allem lustig. Vielen Dank an alle fleißigen Helfer, die mit uns zusammen die 2012er Trauben in den Keller geschafft haben. Weinbau an sich ist ja keine leichte Arbeit, aber viel zehrender war der Schlafentzug. Der längste Arbeits“tag“ betrug 28 Stunden – zwar mit Pausen und leckerem Kaffee, aber ohne Schlaf. Um die Frage zu beantworten, warum wir uns die Arbeit nicht besser einteilen, werde ich hier versuchen, einen zusammengefassten Einblick in einen von mehreren Lesetagen geben.

Weinlese am 08.10.2012

Um 06:00 Uhr klingelt der Wecker. Draußen ist es noch dunkel und menschenleer. Richtig geschlafen habe ich aufgrund der Aufregung eh nicht. Hoffentlich kommen alle eingeladenen Helfer und hoffentlich funktionieren die Maschinen, wie Schlepper, Stapler, Abbeermaschine, Weinpumpe und Weinpresse, denn wir haben heute viel vor. Fällt eine dieser Gerätschaften aus, steht erst mal alles still.

Gelesen werden heute Kerner und Silvaner. Nach dem Frühstück pack ich mich dick ein, um bei 6°C die Lesebehälter (à 550 Liter) mit Spülmittel auszuwaschen. Dies mache ich immer direkt vor einem Lesetag, um sicher zu gehen, dass sich über Nacht nicht doch noch Unrat in den im Freien stehenden Lesebehälter angesammelt hat. Ich bin froh, dass es an diesem Tag so kalt ist. Warmer Traubensaft fängt sehr schnell an zu gären, was er natürlich erst am nächsten Tag soll. Warum das so sein soll, erkläre ich noch später.

Nachdem ich die sauberen Behälter auf den beiden Hängern drapiert und den Schlepper vorgespannt habe, rücke ich die Maschinen für die Traubenannahme in Position. Auch die Ausrüstung für die Lese selbst checke ich vorsichtshalber noch einmal – Eimer, Lesescheren, Handschuhe, Wasser zum Waschen und Handtücher. Kaum geschehen, trudeln auch schon die ersten Helfer gut gelaunt ein. 7:50 Uhr war ausgemacht und alle sind sie gekommen: Manfred., Gabi1, Gabi2, Hans., Thomas, Elisabeth, Erika, Rosalinde, Norbert, Tugce, Wolfgang sowie natürlich Alexander und ich. Christian fehlt, da er ja noch bis Mitte November sein Praktikum in Südtirol absolvieren muss.

Wie geplant startet die Lese im Silvaner um 08:00 Uhr. Etwas feuchter Boden macht die Sache für den Schlepper am steilen Silvaner allerdings etwas schmierig. Trotz Allradantrieb geht es nach 5m nicht weiter. Um den Weinbergsboden wegen den ungünstigen Bedingungen nicht unsinniger Weise platt zu fahren, entscheiden wir uns, die Trauben mit der Hand aus dem Weinberg zu tragen. Diesen Job übernehmen Thomas und ich. Der Vorteil an dieser Arbeit ist, dass wir trotz kühler Witterung nach den ersten 10 Minuten unsere Jacken ausziehen konnten.

10:40 Uhr: Der erste Weinberg ist geerntet und die gefüllten Leseboxen auf dem ersten Hänger verstaut. Genau der richtige Zeitpunkt für eine kleine Stärkung. Katalin von Halem ist gerade vorgefahren und packt Kaffee, Käsestangen und süße Stückchen aus. Auch wenn ich nun eigentlich mit der ersten Fuhre los müsste, lasse ich mich zunächst nicht vom Kaffee und dem Gebäck losreißen. Auch lieb gemeinte Scherze über Thomas‘ und mein schmerzverzerrtes Gesicht bringen mich nicht von dieser wohlverdienten Pause ab.

11:00 Uhr: Nun wird es aber Zeit. Aufbruchstimmung macht sich breit. Schließlich wollen noch zwei weitere Weinberge geerntet werden. Während sich Alexander und unsere Leser zum nächsten Silvaner aufmachen, schnappe ich mir die erste Fuhre, um diese im Keller zu verarbeiten. Im Keller angekommen leere ich die gefüllten Traubenbehälter in die Abbeermaschine. Diese zupft die Beeren vom Stielgerüst und spuckt dieses zu einer seperaten Öffnung aus. Diese so genannten Rappen werden nicht mehr benötigt und ich fahr sie später zur Kompostierung wieder zurück in den Weinberg. Die Beeren liegen nun im eigenen Saft und warten hier einige Stunden auf die Pressung. Grund: In den Schalen befinden sich ebenfalls viele Aromen. Durch diese Standzeit möchten wir zumindest einige davon extrahieren und hoffentlich auch im späteren Wein wieder finden.

Nun aber schnell wieder auf den Schlepper und ab zu den Anderen. Die waren in der Zwischenzeit wirklich fleißig. Gerade mal 13:00 Uhr und der zweite Silvaner ist auch schon gelesen. Obwohl diese Fläche im Vergleich zu heute Morgen doppelt so groß ist, sind nur wenige Behälter gefüllt – nicht überraschend, sondern durch Ertragsreduzierung im Vorfeld geplant. Christian würde sagen: „Das gibt geilen Premiumstoff“.

Meine Ankunft im Weinberg stößt auf wenig Interesse und die Helfer huschen an mir vorbei in die Kerneranlage. Mittlerweile steht auch die Sonne am Himmel und die angeleuchteten Beeren glänzen wie Gold. Ich schnapp mir also auch eine Schere, um auch den letzten Weinberg für heute zu ernten.

14:00 Uhr: Die Kernertrauben sind ebenfalls auf dem Hänger verstaut. An dieser Stelle hört für viele Weinbauern das Weingeschäft auf. Will man aber aus seinen Trauben selbst Wein machen, kann ein solcher Erntetag noch lange andauern. Alexander und alle Helfer satteln auf, um die wohlverdiente Brotzeit im Schloss zu genießen. Thomas und ich hingegen schnappen uns die Trauben und bringen diese ebenfalls in den Keller. Auch hier heißt es: Abbeeren, stehen lassen und danach unbedingt etwas essen. Mein Bauch knurrt schon.

Das Arbeiten im Keller besteht aus 80% putzen und aufräumen. Bis die erste Fuhre um 19 Uhr gepresst werden kann – wir erinnern uns an die Standzeit – mache ich mich also über das Putzen der Lesebehälter, Abbeermaschine, Scheren, Schlepper und Leseeimer.

18 Uhr: Die erste Fuhre wird mit Hilfe eines Drehkranzstaplers aufgeschüttet. Eine abendteuerliche Aktion. Viele Weinbaubetriebe pumpen die Maische auf die Presse, was sehr einfach und schnell geht. Um aber die Trauben zu schonen, kippen wir die gefüllten Behälter in einen selbst gebauten Edelstahltrichter, über die sie dann in die Presse rutschen sollen. Soweit der Plan. Da die Behälter fast genauso groß sind, wie der Trichter, ist dies Millimeterarbeit und der ein oder andere Tropfen flutscht dann doch vorbei. Thomas und Alexander sind mittlerweile wieder da und weisen mir die Richtung.

18:40 Uhr: Die Trauben aus dem ersten Weinberg sind auf der Presse. Nun wird der Saft von den Beerenschalen und Kernen getrennt und in einem Edelstahlfass verstaut. Hier bleibt nun der Saft ca. 12 Stunden, damit sich feste Bestandteile absetzen und dann am nächsten Tag vom sauberen Saft getrennt werden können. Würde schon jetzt die Gärung einsetzen, würde aufsteigende Kohlensäure das Absitzen verhindern.

Die Presse ist high-tech und ein Computer übernimmt hier die Steuerung. Somit haben wir wieder Zeit, die entleerten Behälter zu putzen und zu verstauen. Kaum ist das geschehen, beginnt die große Zeit des Wartens. Drei bis vier Stunden müssen wir nun für jeden Pressvorgang warten. Um 23:00 Uhr ist der erste Pressvorgang beendet und wir entleeren die Presse. Die Beerenschalen fahren wir ebenfalls zur Kompostierung in den Weinberg zurück. Als nun eingepieltes Team brauchen wir für die Entleerung und die Wiederbefüllung dieses mal nur noch eine knappe Stunde.

02:30 Uhr: Die zweite Presse ist fertig. Also wieder entleeren und befüllen. Mittlerweile plagen die ersten Ermüdungserscheinungen. Kaffee muss her. Da Alexander am nächsten Tag wieder im Schloss gebraucht wird, zieht er sich nach der Befüllung der letzten Presse zur wohlverdienten Bettruhe zurück.

06:30 Uhr: Die dritte Presse ist fertig. Ein letztes Mal entleeren und dann natürlich wieder putzen. Nach 25 Stunden kann das ansonsten harmlose Putzgeschäft richtig hässlich werden. Zum Beispiel, wenn einem der Wasserschlauch durch Unachtsamkeit mitten ins Gesicht sprüht und mindestens die gleiche Wirkung wie zwei Tassen Kaffee hat.

10:00 Uhr: Es ist vollbracht! Nun nichts wie raus aus den nassen Klamotten, ab auf’s Motorrad und heim in’s warme Bett, bevor um 17 Uhr  wieder der Wecker geht, um mich daran zu erinnern, den nun sauberen Saft vom Trub (Satz) abzuziehen.

Trauben in die Presse füllen

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